Längengrad

Dava Sobel, Längengrad, BvT, 3. Aufl. 2006 (Orig. 1995 „Longitude“)

Es ist nicht oft, dass ein Buch mich so packt: morgens gekauft und abends gelesen.

Wie kommt man zu einer genauen Bestimmung des Längengrads auf See, um nicht, wie z.B. 1707 Admiral Sir Clowdisley Shovel bei den Scilly-Inseln seine Flotte in eine Katastrophe zu navigieren? Ein lebenswichtiges Problem also für die Seefahrt.

John Harrison, ein gelernter Tischler (!), hat das Problem nach jahrzehntelanger Arbeit schließlich gelöst, und darum geht es in dem Buch.

Harrison, als Uhrmacher Autodidakt, entwickelt einen Chronometer, mit dem sich die Zeitdifferenz zwischen Heimathafen oder Nullmeridian und der aktuellen Ortszeit auf See präzise feststellen lässt und somit der Längengrad, auf dem sich das Schiff gerade befindet.

Probleme, die er dabei lösen musste:

  • Die Teile der Uhr durften nicht auf Temperatur- und Feuchtigkeitsunterschiede in den Weltmeeren reagieren
  • Die Lagerung der Uhr musste so sein, dass auch bei hohem Seegang keine Abweichungen auftraten.
  • Schmierstoffe verharzen. So hat er die Zahnräder seiner ersten Uhren aus Holz geschnitzt. Sie brauchten keine Schmierstoffe und  waren temperaturkonstanter als Metall. Später hat er Bimetallverbindungen entwickelt.

Nach H.1, H.2, H.3 hat er die wesentlich kleinere H.4 gebaut, die „Mona Lisa“ (!) oder „Nachtwache“ der Uhrmacherkunst.

Spannend und bedrückend sein jahrzehntelanger Kampf um Anerkennung seiner Leistung und Geld. Bösartige Intrigen gegen ihn, denn eine königliche Kommission  hatte ein sehr hohes Preisgeld für die Lösung des Problems ausgeschrieben.

Auf das Buch bin ich durch Wiebke & Tom gekommen beim – auch mit Regina & Hasso – gemeinsamen GEO-Jubiläumsrätseln 2006/07. Der Buchtitel ist das Password für die Endrunde am 28 Jan. 2007.

In dem Buch kommen fast alle Lösungen der 48 Aufgaben irgendwie oder direkt vor:

  • Die Kanaren, Kapverden, Scilly-Inseln
  • Das Clockmaker’s Museum in der Guildhall
  • K.2, ein Nachbau der H.4 durch Kendall, mit der z.B. Bligh auf der Bounty navigierte, und von den Meuterern  nach Pitcairn mitgenommen wurde
  • Scorbut, die Cook mit Sauerkraut bekämpfte, der ansonsten mit einem Nachbau der H.4 navigierte und kartographierte
  • Immer wieder Verbindungen zur Royal Society
  • Ptolemäus, Cassini, Christiaan Huygens, Thomas King als Porträtist von John Harrison, Gemma Frisius, Sir Kenelm Digby mit seiner Idee, das Längengradproblem  mit einer empfindlichen Wunde bei einem Hund und einem Wunderpulver zu lösen. Unklar offenbar bis heute, ob das ernst gemeint war oder als Satire auf die Lösungsversuche.
  • Die eigentlich beliebige Festlegung des Null-Meridians seit Ptolemäus: Hierro, Madeira, Paris, Petersburg, Paris, letztlich eben, auch als politische Entscheidung, Greenwich

Zwei Orte, wo ich gern mal hinmöchte:

  • Das Clockmaker’s Museum in London
  • Die Hauptstraße 4 im sächsischen Glashütte, wo es ein Bistro gibt mit dem schönen Namen H.4