Sebastian Haffner, “Geschichte eines Deutschen, Die Erinnerungen 1914-1933” Stuttgart/München 2000
Ein Geburtstagsgeschenk von Christel und Burkhard. Es ist eine Anfang 1939 geschriebene und jetzt erst gefundene Biografie des damals 32jährigen Sebastian Haffner, sehr anschaulich, bewegend, sehr persönlich und doch immer wieder das Persönliche verallgemeinernd. Sie liest sich sehr gut, viel besser als Haffners spätere historische Abhandlungen und Kolumnen
Thema: Wie das Kind, der Jugendliche und junge Erwachsene aus gutbürgerlichem Beamtenhause den ersten Weltkrieg und die Machtergreifung und den Terror der Nazis erlebt und wahrgenommen hat.
Auszug: “Vielleicht findet man es nicht der Mühe wert, dass ich die offensichtlich unadäquaten Reaktionen eines Kindes auf den Weltkrieg so ausführlich darstelle. Gewiss wäre es nicht der Mühe wert, wenn es sich dabei um einen Einzelfall handelte. Es ist aber kein Einzelfall....Die Massenseele und die kindliche Seele sind sehr ähnlich in ihren Reaktionen. Man kann sich die Konzeptionen, mit denen Massen gefüttert und bewegt werden, gar nicht kindlich genug vorstellen. Echte Ideen müssen, um massenbewegende historische Kräfte zu werden, im allgemeinen erst bis auf die Fassungskraft eines Kindes heruntersimplifiziert werden....
Der Krieg als ein großes, aufregend-begeisterndes Spiel der Nationen, das tiefere Unterhaltung und lustvollere Emotionen beschert als irgendetwas, was der Frieden zu bieten hat, das war 1914 bis 1918 die tägliche Erfahrung von zehn Jahrgängen deutscher Schuljungen; und das ist die positive Grundvision des Nazitums geworden.” (S. 21 f)
Erinnerungen an Elias Canetti...
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