Der Jakobsweg

Hauf, Monika, Der Jakobsweg. Das Mysterium der 1000-jährigen Pilgerroute nach Santiago de Compostela, Langen Müller, 4. Aufl. München 2004, 272 S.

Wie alle Wege nach Rom führen, so auch alle nach Santiago de Compostela, mit Nebenwegen, Umwegen, Irrwegen, Abwegen. Unterwegs findet sich vieles, sogar der Heilige Gral. Denn der ist ja „keinesfalls“ immer der Kelch des letzten Abendmahls.

Bei Wolfram von Eschenbach ist der Gral ein „Stein, den Engel auf der Erde zurückgelassen“ haben (S. 224). „Er meint nämlich einen Meteoriten. Solche Steine, die vom Himmel gekommen waren, wurden vor Jahrtausenden mit weiblichen Gottheiten identifiziert. In Pessinus wurde die Göttin Kybele in Gestalt eines Meteoriten verehrt. Der Überlieferung nach war ein solcher Meteorit auch der Anlass für den Bau des Dianatempels von Ephesus“ (S. 238).

Ich gehe jetzt eine Abkürzung zu den „keltischen Relikten“. „Der Lia Fail, der Krönungsstein der irischen Könige, wurde zum >gefährlichen Sitz< der Tafelrunde, der protestierte, wenn sich ein Unwürdiger auf ihm niederließ.“
An den habe Eschenbach wohl gedacht. Und dieser Stein, oder ein Teil davon existiere tatsächlich noch als der >Stone of Destiny<, „den man seit Jahrhunderten bei der Krönung eines englischen beziehungsweise später britischen Monarchen unter den Krönungssitz zu legen pflegt“ (S. 239).

Der >Stone of Destiny< ist nach einer Überlieferung nichts anderes als der Stein, auf dem Jakob seinen Traum von der Himmelsleiter hatte (Gen. 28/11-19) und auf dem er anschließend ein Opfer darbrachte. Und damit sind wir wieder in Galizien, in das die Kelten schon zwischen 600 und 300 v. Chr. eingewandert waren.

Jakobs Traumstein, oder die Idee von ihm, ist also vom Heiligen Land über Ägypten ins keltische Irland, Schottland, jedenfalls „ein Land im Westen“ gelangt, nach Galizien, wo heute Santiago de Compostela liegt
(S. 240).

Wundervoll die Wanderungen der Autorin durch Mythen, Legenden, Historie, von Hölsken zu Stöksken und daneben und wieder zurück. Ein weites Feld zwischen Wirklichkeitssinn und Möglichkeitssinn. „Welch ein Sommer hätte sein können, wenn einer gewesen wäre“ (A. Stifter).